Der Weg zur Deutschen Einheit

Inhalt

  1. Krisen und Veränderungen im Osteuropa der 80er Jahre
  2. Reaktionen in der DDR auf den sowjetischen Reformprozess
  3. Krisen und Auflösung
  4. Stufen der Wiedervereinigung
  5. Außenpolitische Absicherung der Wiedervereinigung
  6. Probleme des vereinten Deutschlands
     
  7. Impressum
     

Krisen und Veränderungen im Osteuropa der 80er Jahre

In den 80er Jahren waren in den Ostblockstaaten die mangelnde Produktivität und der allmähliche Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaft kennzeichnend. Es kam aufgrund des Rüstungswettlaufes zu Versorgungskrisen im Konsum- und Nahrungsmittelbereich. Zudem führten die "starre Verwaltungsstrukturen" und die "verkrustete Parteibürokratie" zu einer Minderung der Arbeitsbereitschaft der Bevölkerung und verhinderten wichtige Reformen. Michael Gorbatschow, der 1985 das Amt des Generalsekretärs der KPdSU in der Sowjetunion übernahm, verfolgte eine Politik der Offenheit (Glasnost) und Umgestaltung (Perestrojka). Er wollte dringende Reformen, vor allem in der Wirtschaft, durchsetzten. Aber nicht nur in der Wirtschaft mußten Reformen her auch die unterdrückten Nationalitätenkonflike im Vielvölkerstaat eskalierten. Der Führungsanspruch der wirtschaftlich und politisch geschwächten Sowjetunion von den Ostblockstaaten zunehmend in Frage gestellt.


Reaktionen in der DDR auf den sowjetischen Reformprozess

Die DDR-Führung hatte, wie die anderen Ostblockstaaten, mit wirtschaftlichen und politischen Problemen zu kämpfen. In den 80er Jahren wurden die Schwächen der Planwirtschaft in der DDR immer offensichtlicher. Die DDR konnte sich immer weniger auf dem Weltmarkt behaupten, da dort Schnelligkeit und Flexibilität gefragt waren. In der Textilindustrie, zum Beispiel, wurde oft noch mit Maschinen aus den 20er Jahren produziert. Der Straßenbau wurde total vernachlässigt, die einst prächtigen Altbauten verfielen und im Konsumgüterbereich kam es immer wieder zu starken Engpässen. Damit wenigstens ein bescheidener Lebensstandard gewährleistet werden konnte wurden hohe Kredite aufgenommen. So trieb die DDR unaufhörlich auf den Staatsbankrott zu. Trotz dieser Engpässe wurden die Ausgaben für die Rüstungsindustrie weiterhin gesteigert. Diese Politik stieß bei der Bevölkerung immer häufiger auf Akzeptanz und Unverständnis.

Zudem leistet sich die DDR einen staatlichen Überwachungsapparat ("Stasi"), der Zehntausende Mitarbeiter beschäftigte. Zusammen mit einem Heer von "Inoffiziellen Mitarbeitern" (IMs) wurden sechs Millionen Bürger und Bürgerinnen bespitzelt. Die IMs überwachten u.a. ihren eigenen Bekanntenkreis.

Trotz der Schwierigkeiten der DDR stießen Gorbatschows Reformpläne bei den SED-Machthabern auf Widerstand. Er sei viel zu jung, um "Kommunist der ersten Stunde" zu sein, und seine Vorstellungen vom "Umbau der Gesellschaft" und der "Neuen Offenheit" sind zutiefst suspekt. Während die Ostblockstaaten schon auf den Kurs der Erneuerung einschwenken, ließ die SED wissen, man werde "nicht die Wohnung neu tapezieren, bloß weil es der Nachbar mache". Erhöhte Ausreisequoten waren die einzige "spürbare" Veränderungen.

Immer mehr Bürger stellten Ausreiseanträge und formierten sich unter dem Schutz der Kirchen in Arbeitsgruppen. Während Erich Honecker prophezeite, die Mauer werde noch in 100 Jahren stehen, wuchs in der Bevölkerung der Zorn.

Bei den Kommunalwahlen 1989 wurde erstmals deutlich, daß die Bereitschaft beständig wuchs, gegen die offizielle Politik des Regimes zu opponieren. Da rund 20% der Wähler gegen die SED stimmte, versuchte die Regierung das Wahlergebnis zu manipulieren. Die Wahlfälschung flog auf und die Opposition reagierte mit zahlreichen Anzeigen.


Krisen und Auflösung

Im ersten Halbjahr 1989 konnten über 46000 Menschen die DDR legal verlassen. Mit der Öffnung der Grenze von Ungarn zu Österreich im September 1989 wurde den DDR Bürgern einen "Fluchtweg" in den Westen ermöglicht. Innerhalb von nur drei Wochen verließen etwa 25000 Ostdeutsche das Land. Die DDR-Regierung versuchte den Bürgern die Ausreise nach Ungarn zu erschweren, wodurch es zu Botschaftsbesetzungen in Warschau und Prag kam.

Während die DDR das 40jährige Bestehen feierte, formierten sich immer Bürger in Oppositionsgruppen, wie z.B. das "Neue Forum". Am 2. Oktober 1989 demonstrierten 2000 Menschen für Reformen in Leipzig, woraus die "Montagsdemonstrationen" entstanden, die zum Symbol des Widerstands gegen die DDR wurden.



Immer mehr Flüchtlingen konnten in verriegelten Sonderzügen in die Bundesrepublik Deutschland gebracht werden. Im gesamten Jahr 1989 verließen die DDR über 343000 Menschen, während es im Vorjahr "gerade" 46000 Menschen waren. Die anhaltenden Massenausreisen und zunehmenden Demonstrationen führten am 18. Oktober 1989 zum Rücktritt Erich Honeckers. Am 7. November trat die Regierung der DDR, am 8. November das Politbüro zurück. Die Macht der SED brach wie ein Kartenhaus zusammen.

Während weiterhin viele Menschen in den Westen flüchten, gehen noch mehr auf die Straße. Am 9. Oktober marschierten in Leipzig 70000 Demonstranten, eine Woche darauf demonstrierten schon 120000 und am 30. Oktober 300000 Menschen für Reformen und eine demokratische Erneuerung der DDR. Zur gleichen Zeit gingen auch in Dresden, Magdeburg, Zwickau, Ost-Berlin und Schwerin Zehntausende auf die Straße. Am 4. November 1989 demonstrierten fast eine Million Menschen für mehr Demokratie in der DDR.

Am 9. November ließen DDR-Grenzbeamte Bürger der DDR ungehindert in den Westen reisen. Die Mauer war gefallen. Ganz Berlin verwandelte sich daraufhin in eine einzige große Jubelfeier, die die ganze Nacht anhielt. Mit der Öffnung der Grenzen am 9. November 1989 erklärte die SED selbst, den Bankrott ihrer jahrzehntelangen Politik der "Abgrenzung, der Abschottung und des Einsperrens" der eigenen Bevölkerung. Innerhalb einer Woche nach dem Fall der Mauer reisten neun Millionen Menschen aus der DDR ins Bundesgebiet und nach Westberlin. Auf Demonstrationen wird jetzt auch die Wiedervereinigung Deutschlands gefordert.


Stufen der Wiedervereinigung

Schon am 28. November 1989 legte Bundeskanzler Helmut Kohl dem Deutschen Bundestag ein Zehn-Punkte-Plan zur Angliederung der DDR an die Bundesrepublik vor. Er bezeichnet in seiner Rede die "Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands", als das politische Ziel seiner Regierung.

Am 1. Oktober wurde der Passus über den Führungsanspruch der SED aus Artikel 1 der DDR-Verfassung gestrichen. Regierungsmitglieder und oppositionelle Gruppen ("Runder Tisch") gewannen zunehmend an Einfluß auf die Regierungspolitik der DDR. Zu Beginn des neuen Jahres legten sie Volkskammerwahlen für das Jahr 1990 fest. Auch unter dem Einwirken der Parteien, der Bundesrepublik, veränderte sich in der DDR die Zusammensetzung der Parteien.

Mit über 93% Wahlbeteiligung endeten die Volkskammerwahlen mit einem Votum für die schnelle Wiedervereinigung. Dies machte der deutliche Sieg der "Allianz für Deutschland" aus CDU, DSU und Demokratischer Aufbruch sichtbar. In den folgenden Wochen gelang dem CDU-Vorsitzenden Lothar de Maizière die Bildung eines Kabinetts der großen Koalition aus CDU, DSU, DA, SPD und Liberalen. Er selbst wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Immer mehr Politiker in beiden Staaten traten nun für die Schaffung eines vereinten Deutschlands durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 des Grundgesetzes ein. Am 1. Juli 1990 trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft. Dies bedeutet die Einführung der D-Mark, der dynamischen Rente und der Arbeitslosenversicherung in der DDR.


Außenpolitische Absicherung der Wiedervereinigung

Am 5. Mai 1990 begannen in Bonn auf der Ebene der Außenminister die "Zwei-plus-Vier-Gespräche". Der angestrebte Vertrag sollte die Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Mächte für Deutschland als Ganzes und für Berlin aufheben und dem wiedervereinigtem Deutschland die volle Souveränität zurückgeben. Denn nur im Rahmen eines Friedensvertrages mit den Siegermächten konnte die endgültige Entscheidung über Deutschland geklärt werden.

Um Deutschland wiederzuvereinigen war es nötig, daß die Bündnisse der Staaten geändert werden. Die DDR mußte aus dem Warschauer Pakt austreten und das vereinte Deutschland in die NATO eintreten.

Während den Westallierten den Eintritt eine gesamten Deutschlands in die NATO gelegen war, um eine bessere Kontrolle zu haben, äußerte der Außenminister der UdSSR Bedenken und lehnte eine Einbindung in die NATO strikt ab. Die UdSSR äußerte Bedenken gegen den Austritt der DDR aus dem Warschauer Pakt und das sich verschiebende militärische Kräfteverhältnis zwischen den Blöcken.

Den ganzen Sommer galt es für Bundesregierung Kräfte für die Wiedervereinigung zu gewinnen. Der einzige Stolperstein lag für die deutsche Einheit lag nur noch in Moskau. Am 15. und 16. Juni 1990 reiste der Bundeskanzler in Begleitung von Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Finanzminister Theo Waigel in die Sowjetunion. Die persönlichen Gespräche in Gorbatschows Heimtat, im Kaukasus, brachten den Durchbruch. Die Sowjetunion stimmt der Einheit Deutschlands zu. Mit der Einheit werden die Vier-Mächte-Rechte und –Verantwortlichkeiten für Deutschland als Ganzes und Berlin beendet. Deutschland erhält die volle und uneingeschränkte Souveränität zurück und kann als Gesamtdeutschland der NATO beitreten.

Am 12. September 1990 unterzeichneten die Außenminister der Sowjetunion, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR in Moskau das Abschlußdokument der "Zwei-plus-Vier-Gespräche". Der Vertrag schreibt die Endgültigkeit der bestehenden Grenzen fest und gibt dem vereinten Deutschland die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten. Das Abkommen enthält zudem einen Artikel, der den Besitz sowie die Herstellung von Atomwaffen und ABC-Waffen in Deutschland verbietet. Die Bundeswehr wird auf eine Personalstärke von 370000 Mann reduziert.

Die Volkskammer beschloß die Neubildung, die 1952 von der SED abgeschafften Länder. Damit kann die DDR mit einer föderativen Ordnung der Bundesrepublik beitreten. Am 23. August 1990 beschließt die Volkskammer den eigenen Untergang der DDR, indem sie den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 des Grundgesetzes beschließt; dies soll am 3. Oktober 1990 geschehen.

Am 31. August 1990 setzten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und DDR-Staatssekretär Günter Krause ihre Unterschriften unter den Einigungsvertrag. Der Vertrag regelt auf über 1000 Seiten den Beitritt der DDR. U.a. wird in diesem Vertrag Berlin als Hauptstadt bestimmt.

Am 24. September 1990 verläßt die DDR den Warschauer Pakt, am 2. Oktober wird die Volkskammer aufgelöst und am 3. Oktober tritt die DDR feierlich der Bundesrepublik Deutschland bei.


Probleme des vereinten Deutschlands

Die Wiedervereinigung Deutschlands vollzog sich in einem Tempo, das niemand erwartet hatte. In einem politischen Kraftakt wurde die Rechtsgrundlagen für die Vereinigung beider Staaten geschaffen - Und diese beiden Staaten waren von Grund auf verschieden. Die Bundesrepublik Deutschland, ein freiheitlich-demokratischer und föderal gegliederter Rechts- und Sozialstaat und auf der anderen Seite die DDR, die die Hinterlassenschaften von 40 Jahren SED-Diktatur, Stasi-Terror und wirtschaftlich Kollaps ertragen mußte.

Allerdings waren die Probleme der ehemaligen DDR-Bürger mit dem Beitritt nicht schlagartig beendet, wie viele Menschen erwartet hatten. Die Umstrukturierung auf die westliche Wirtschaft verlief weitaus schwieriger als angenommen, da die Sowjetunion als traditioneller Markt wegfiel. Es kam zu langwierigen Verhandlungen um die Eigentumsrechte an Immobilien und Grundstücken, die u.a. den Aufbau neuer Industrien verzögerten. Viele Produkte, die in der DDR hergestellt wurden, konnten sich noch nicht auf dem internationalen Markt behaupten, was zu einer hohen Arbeitslosigkeit führte.

Andere Schwierigkeiten gab es bei der Aufarbeitung der Rolle des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes, der die Bürger und Bürgerinnen in ihrem Privatleben bespitzelten, und mit der Anpassung der Rechtsnormen. Bei den Landtagswahlen zeigte sich zwar, daß die meisten Bürger zwar die "westdeutschen" Parteien wählten, daß es jedoch einen nicht kleinen Anteil an Menschen gab, die die SED-Nachfolgepartei PDS wählten.





Impressum

Autor: © Kai Blümchen ()

Datum: Dieses Referat entstand nach bestem Wissen und Gewissen im März 1999 im Geschichte-Grundkurs 13.2.

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© 1999-2001 Kai Blümchen

Letzte Aktualisierung: 05.01.2001