Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen

1. Gesamtanlage

Die Kirche steht auf den Ausläufern des Staffelberges gegen die Mainaue Die Fassade besteht aus gelben Sandstein und ist durch die beiden hohen Türme in 3 Teile gegliedert. Der geschwungene Mittelteil, mit Freitreppe und Portal, wölbt sich dem Besucher entgegen. Durch den basilikalen Aufbau, Querhaus und Chor mit zentraler Vierteilung, wird eine Anlage auf dem Grundriß des lateinischen Kreuzes erwartet, der Innere allerdings ähnelt dem nicht.

2. Baugeschichte

Ursprünglich sollte der Nothelferaltar (aufgrund der Vision von 1445 und 1446) in der Vierung der Kirche sein, beim Neubau 1743 änderte der örtliche Bauleiter aber den Plan, wodurch der Altar in das Langhaus verlegt werden mußte. Balthasar Neumann kam dann auf die Lösung, mehrere Schwerpunkte zu setzten und ineinanderschwingende Raumeinheiten zu schaffen, statt den Hauptaltar in der Vierung zum Zentrum zu machen.

3. Innenraum und seine Wirkung

Der Altar befindet sich im Zentrum des Langhauses, an dem Platz, an dem der Altar am besten gesehen werden kann. Im Ostteil des Langhauses (gleich weit vom Hauptportal und Choreinheit entfernt) entsteht ein mächtiger Zentralraum auf elliptischen Grundriß. Im Zentrum von diesem Raum steht der Gnadenaltar mit vierzehn Heiligen. Die Außenwände, die dieses Oval umschließen, besitzen Wandpfeiler, die vom Raum durchdrungen sind. In halber Höhe des Ovales sind Emporen. Durch Dreiviertelsäulen, die vor die Wandpfeiler gestellt sind, wird die Würde des Raumes betont.

Grundriß Der Eingangsraum und Chor bilden je ein weiters kleineres Oval. Das Querschiff wird von zwei Kreisräumen gebildet, deren Querachse schon in zwei kleinen Ovalräumen zwischen Eingangs- und Hauptbereich auftaucht. Die ganze Kirche ist nach der Gestalt der Basilika aufgebaut, die Räume sind aber nicht mehr getrennt, sondern gehen durch die Gewölbe ineinander über. Statt einzelner Raumkuben ist hier das spätere Prinzip der Unterteilung, Verschränkung und Durchdringung der Räume verwirklicht (da die geschilderte Gliederung nur für die Gewölbezone, nicht für den Raum selbst, gilt). Die Gliederung des Pfeiles und Gesimse entspricht nicht der der Gewölbe, sondern sie schwingen um die Vierung und um die Naht von Haupt- und Eingangsoval konkav (= nach innen gewölbt). Sie setzen zu Räumen an, die von den Gewölben geschnitten werden. Dadurch entsteht ein "Durcheinanderwogen" der Räume, das nur beim Altar selbst gegliedert und ruhig erscheint. Durch eine ausgeklügelte Beleuchtung der Innenräume, geben dem Betrachter die Lichtquelle oftmals nicht preis.

4. Anordnung und Aufbau der Gewölbe

InnenansichtDie Decke des Innenraums besteht aus sieben Flachkuppeln, die einzelnen Schalen werden von windschief geschwungenen Gurtbögen, die wie Kreuzrippen aufeinanderzulaufen getrennt. Die Gewölbe sind über einer Holzschalung auf einem Lehrgerüst verlegt und bestehen aus porösen, leichten und unregelmäßigen Tuffsteinbrocken in reicher Kalkmörtelbettung. Die Zugkräfte, die bei flachen Gewölben auftreten, werden dadurch aufgenommen, daß in die Fugen Einseneinlagen eingefügt werden. Der Gewölberücken ist mit Gipsbrei bedeckt, der gleichzeitig als Brandschutz wirken soll. Die im Innern sichtbaren Gurtbögen, sowie die Gewölbeunterseite wurde vom Stukkateur bearbeitet. Stichkappen über den Fenstern leiten den Gewölbeschub (ähnlich wie bei einem Kreuzgewölbe) in die Stützen ab.

5. Gewölbeformen des Barocks

  • Das Zeitalter des Barocks bot keine grundsätzlichen Neuerungen, bekannte Möglichkeiten wurden lediglich ausgeweitet und verbessert
  • In Süddeutschland bemühten sich die Baumeister durch Abwandlung und Verschmelzung von Tonnengewölbe und Kuppel Einwölbungsformen zu schaffen.
    1. die Tonnen über dem Längsschiff werden mit querlaufenden Verstärkungsbögen unterteilt der durch Teilgewölbe abgeschnitten
    2. Krümmung der Kuppel wurde abgeflacht, ihr Schub durch entgegengesetzte Wölbungsflächen abgefangen. Mehrere solch weniger gewölbte Flächen stützen sich gegenseitig ab, wenn sie gegeneinanderstoßen. Zudem bieten dir geschwungenen Deckenfelder dieser Gewölbe Platz für Stukkatur und Malerei
An der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen ist die Wölbekunst des Spätbarocks am deutlichsten zu erkennen.

6. Bedeutung des Bauwerks

Vierzehnheiligen vereint alle großen Themen der Kirchenarchitektur. Es enthält die beherrschende Mitte, den längsverlaufenden Weg, das Kreuz, den Basilikaschnitt. Die Gliederung ist skelettartig und plastisch zugleich. Die Aneinanderreihung von Ovalen deuten eine Tiefenbewegung an, die mit den Diagonalrichtungen hochgotischer Kirchen verwandt ist.


© by Dennis Göttel, Kathrin Tremmel und Kai Blümchen | Impressum